BK3-19-020 Einheitliche Informationsstelle
Regulierungsverfügung

§ 13 Abs. 1 i.V.m. §§ 14 Abs. 3 S. 1, 12 Abs. 6 S. 1 TKG;

Tenor des Beschlusses in dem Verwaltungsverfahren aufgrund der Überprüfung Regulierungsverfügung für den Markt 1 (TAL-Regulierungsverfügung)

Die Beschlusskammer 3 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen hat auf die mündliche Verhandlung vom 03.11.2021 folgende Regulierungsverfügung erlassen:

Der Betroffenen zu 1) werden – unter Beibehaltung, Änderung sowie teilweisem Widerruf der mit Regulierungsverfügungen vom 28.10.2015 (BK3h-14/114) und 01.09.2016 (BK3g-15/004) auferlegten Pflichten – folgende Verpflichtungen auferlegt:

1. Zugangsverpflichtungen
anderen Unternehmen

1.1. Zugang zu zum Zeitpunkt der Nachfrage bestehenden Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Linien zum Zweck des Aufbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten oder zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung am KVz bzw. MSAN (Ziffer 1.2 oder 1.3) im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten zu gewähren, wobei die Betroffene zu 1) eine angemessene Betriebsreserve vorhalten und ihren Eigenbedarf vorrangig befriedigen darf.

Soweit der Zugang nicht dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung dient, beginnen die Leistungspflicht sowie die sich daran anknüpfenden weiteren Pflichten aus Ziffer 2., 4. und 5. am 01.01.2024.

1.2. physisch entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am Hauptverteiler oder an einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit als dem Hauptverteiler gelegenen Punkt (insbesondere Kabel- bzw. Endverzweiger - APL) zu gewähren, soweit sie den Zugang nicht nach den Bestimmungen der Anlage 1 – Zugangsverweigerung zum Teilnehmeranschluss außerhalb des Hauptverteiler-Nahbereichs – und der Anlage 2 – Zugangsverweigerung zum Teilnehmeranschluss innerhalb des Hauptverteiler-Nahbereichs – zu dieser Ziffer verweigern darf oder muss,

1.3. lokalen virtuell entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am MSAN zu gewähren,

1.4. lokalen virtuell entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am BNG zu gewähren,

1.5. zum Zweck des Zugangs am KVz oder MSAN für den Fall, dass aus technischen Gründen oder aus Kapazitätsgründen die Gewährung des Zugangs zu Kabelkanälen nach Ziffer 1.1 nicht möglich ist, den Zugang zu unbeschalteten Glasfasern zu gewähren,

1.6. zum Zwecke des Zugangs zum Netz der Betroffenen zu 1) auf dem gemäß Festlegung regulierungsbedürftigen Markt Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren,

1.7. im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.6 Kooperationsmöglichkeiten in der Weise einzuräumen, dass zum Zugang berechtigte Unternehmen ihre jeweils am gleichen Standort eines Hauptverteilers bei der Betroffenen zu 1) angemieteten Kollokationsflächen miteinander verbinden können, indem ein Unternehmen einem oder mehreren anderen Unternehmen den Zugang zu seinen selber bereitgestellten oder angemieteten Übertragungswegen gewähren kann,

2. Gleichbehandlungspflichten
den Zugang dadurch in diskriminierungsfreier Weise zu gewähren,

2.1. dass Vereinbarungen über Zugänge gemäß Ziffer 1. sowie den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTH-Infrastrukturen auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren, der in Bezug auf Funktionsumfang und Preis mindestens jenem vergleichbar ist, den sich die Betroffene zu 1) selbst intern bereitstellt und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen,

2.2. dass zur Gewährleistung eines gleichwertigen, virtuell entbündelten Zugangs in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTB/H-Infrastrukturen darüber hinaus internen wie externen Zugangsnachfragern Dienstleistungen und Informationen zu denselben Bedingungen, einschließlich Entgelten und Dienstumfang, innerhalb derselben Fristen, unter Verwendung derselben Systeme und Prozesse und mit gleicher Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit (Prinzip der Gleichwertigkeit des Inputs, Equivalence of Input, EoI) bereitgestellt werden,

2.3. dass sie zur Ermöglichung einer EoI-konformen Zugangsgewährung nach Ziffer 2.2

2.3.1. spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses den vollen Wirkbetrieb der für den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG auf Basis massenmarktfähiger FTTH-Infrastrukturen erforderlichen Zugangssysteme und Prozesse sicherstellt,

2.3.2. spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses die Entstörprozesse ebenfalls durch geeignete Optimierungsmaßnahmen EoI-konform ausgestaltet, indem sie
• eine möglichst weitgehende Angleichung der Diagnose- und Entstörfunktionalitäten herbeiführt und
• die Entstörprozesse hinsichtlich der Einbindung des Second-Level-Supports und der Ausgestaltung der Entstörteams vereinheitlicht,

2.3.3. spätestens bis zum 15.06.2023 den überwiegenden Teil und bis zum 15.12.2023 alle vor Aufnahme des vollen Wirkbetriebs nach Ziffer 2.3.1 bereits realisierten FTTH-basierten Anschlüsse auf die neue System- und Prozessstruktur migriert, wobei sie der Bundesnetzagentur spätestens drei Monate nach Zustellung dieses Beschlusses einen diesbezüglichen Umsetzungsplan vorlegt, der die prozessualen und zeitlichen Abläufe dieser Migration darstellt,

2.3.4. fortlaufend die WITA-Durchlaufzeiten optimiert, um die durch die Einbindung des WITA-Systems für externe Zugangsnachfager verursachten Abweichungen in den Gesamtprozesslaufzeiten so gering wie möglich ausfallen zu lassen,

2.4. dass den betroffenen Zugangsnachfragern auf Anforderung und der Bundesnetzagentur ohne gesonderte Aufforderung Auswertungen nebst Berechnungsmethoden über die grundlegenden Leistungsindikatoren für die nachfolgenden Elemente der Leistungsbereitstellung für sich selbst und Dritte in einer Form zu überlassen sind, die Rückschlüsse auf die Einhaltung der Verpflichtungen nach Ziffer 2.1 bzw. 2.2 ermöglichen

quartalsweise für bauliche Anlagen

  • Bestellprozess und
  • Bereitstellung,

monatlich für den virtuell entbündelten Zugang zur Glasfaser-Teilnehmeranschlussleitung am BNG

  • Bestellprozess,
  • Bereitstellung,
  • Dienstequalität, einschließlich der Mängel und des Entstörprozesses und
  • Migrationsprozesse, innerhalb derer Zugangsinteressenten zwischen verschiedenen Vorleistungen wechseln können,

monatlich für den physisch entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung und den lokalen virtuell entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am BNG

  • Bestellprozess,
  • Bereitstellung,
  • Dienstequalität, einschließlich der Mängel und des Entstörprozesses und
  • Migrationsprozesse, innerhalb derer Zugangsinteressenten zwischen verschiedenen Vorleistungen wechseln können,

2.5 dass sie der Bundesnetzagentur zwecks fortlaufender Nachprüfbarkeit einer diskriminierungsfreien Zugangsgewährung nach Ziffer 2.2 im Hinblick auf die gleiche Nutzbarkeit der verwendeten Systeme und Prozesse monatlich geeignete Leistungsdaten übermittelt hinsichtlich

  • der Gesamtdurchlaufzeiten für die verschiedenen Geschäftsprozesse, jeweils
    differenziert danach, ob es sich um interne oder externe Aufträge handelt, sowie
  • der Bearbeitungzeit der Aufträge durch das IT-System „Digital-OSS“, jeweils aufgeschlüsselt nach internen und externen Aufträgen sowie Geschäftsfall,

2.6. dass sie die diskriminierungsfreie Zugangsgewährung nach Ziffer 2.2 auch hinsichtlich der Entgelte sicherstellt und nachprüfbar macht, indem sie zur Ermöglichung des wirtschaftlichen Nachbildbarkeitstests (Economic Replicability Test, ERT) folgende Informationen für den jeweiligen Kalendermonat erfasst und auf Anforderung der Bundesnetzagentur vorlegt:

2.6.1. die Bereitstellungs-, Überlassungs-, Kündigungs- und Wechselpreise für breitbandige Endkundenprodukte einschließlich unmittelbar oder mittelbar gewährter Preisnachlässe,

2.6.2. die abgesetzten Mengen an breitbandigen Endkundenprodukten,

2.6.3. die Verteilung der breitbandigen Endkundenprodukte auf die angebotenen
Bandbreiten,

2.6.4. die durchschnittliche Verweildauer von Nachfragern breitbandiger
Endkundenprodukte,

2.6.5. die Zusatzkosten für breitbandige Endkundenprodukte (u.a. Marketing, Kundenservice, Entstörung),

2.6.6. den Umfang und die wertmäßige Abschätzung der Bündelvorteile, die bei einer Kombination von Festnetz- mit Mobilfunkverträgen gewährt werden sowie den Umfang werthaltiger Zugaben zur Kundengewinnung und von Retentionsmaßnahmen,

2.6.7. die Verteilung der Übergabeanschlüsse (1G, 10G, 100G), sowie

2.6.8. repräsentative aktuelle Messdaten für die von den breitbandigen Endkundenprodukten durchschnittlich genutzten Bandbreiten im Kernnetz,

2.6.9. die abgesetzten Mengen der Zugangsleistungen,

3. Transparenzverpflichtungen

3.1 gültige Verträge über Zugangsleistungen gemäß Ziffer 1. sowie den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTH-Infrastrukturen der Bundesnetzagentur ohne gesonderte Aufforderung in einer öffentlichen und einer vertraulichen Fassung vorzulegen, es sei denn, der jeweilige Vertrag liegt der Bundesnetzagentur bereits vor, sowie

3.2 auf ihren Internetseiten darüber zu informieren, wenn sie den Ausbau von massenmarktfähigen FTTH-Infrastrukturen in einer PtP-Architektur so verfestigt plant, dass sie den Ausbaustatus „Gebietsausbau in Planung“ in der Verfügbarkeitsinformation für ihren eigenen Vertrieb und Zugangsnachfrager erreicht,

3.3 innerhalb der nächsten 12 Monate ab Zustellung dieser Regulierungsverfügung aktuelle Informationen zur tatsächlichen Belegung von Kabelkanalanlagen bzw. die Kennzeichnung freier Kapazitäten (Anzeige ob Rohre frei sind und wenn ja, Anzahl der jeweils freien Rohre je Trassenabschnitt) in Form eines Datenquaders, der Rohdaten für diejenigen Trassen der Betroffenen zu 1) in der Bundesrepublik Deutschland enthält, in denen eigene Rohre der Betroffenen zu 1) verlegt sind, der zentralen Informationsstelle des Bundes gemäß § 78 TKG zu übergeben, damit diese sie für Zugangsnachfrager im Infrastrukturatlas oder in einem diesen ersetzenden Datenportal zugänglich machen kann. Die Daten sind im Übrigen entsprechend den Vorgaben der jeweils geltenden Datenlieferungsbedingungen der zentralen Informationsstelle immer als aktualisierter Gesamtbestand quartalsweise zu übermitteln (keine Ergänzungen oder Teillieferungen),

4. Standardangebotsverpflichtung
ein Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren Angebot sie durch Ziffer 1. verpflichtet ist, sowie für den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTB/H-Infrastrukturen, zu veröffentlichen, wobei die Angaben zu den Standorten des Zugangs bzw. der Kollokation nicht veröffentlicht, sondern interessierten Unternehmen nur auf Nachfrage zugänglich gemacht werden müssen,

5. Entgeltregulierung

5.1. sich die Entgelte für die Gewährung des Zugangs gemäß Ziffern 1.1, 1.2, 1.3, 1.5 und 1.6 nach Maßgabe der §§ 39 ff. TKG genehmigen zu lassen,

wobei die Bundesnetzagentur gemäß § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG im Falle der Regulierung von Entgelten betreffend den Zugang zu baulichen Anlagen insbesondere auch die Folgen einer Zugangsgewährung für den Geschäftsplan der Betroffenen zu 1) berücksichtigt, um negative Anreizwirkungen bezüglich der Investitionen in neue bauliche Anlagen zu vermeiden,

5.2. die Entgelte für den Zugang gemäß Ziffer 1.4 hinsichtlich des lokal virtuell entbündelten Zugangs zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am BNG im Verfahren nach § 45 TKG zur Anzeige zu bringen,

6. Getrennte Rechungslegung
ihre Preise für die auf dem verfahrensgegenständlichen Markt und auf den nachgelagerten Resale- und Endkundenmärkten extern angebotenen Leistungen auf der Basis des lokalen virtuell entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am BNG sowie ihre internen Verrechnungspreise für die entsprechenden intern genutzten Leistungen in der Weise transparent zu gestalten, dass die Bundesnetzagentur Entgelte für Zugänge zum lokalen virtuell entbündelten Zugang zur Kupfer-Teilnehmeranschlussleitung am BNG gemäß Ziffer 1.4 mit Blick auf Verstöße gegen die in § 37 TKG enthaltenen Diskriminierungsverbote und Verbote unzulässiger Quersubventionen überprüfen kann. Eine solchermaßen transparente Preisgestaltung erfordert, dass die Kostenrechnungs- und Buchungsunterlagen insbesondere Aufschluss geben über:

6.1. die Bereitstellungs-, Überlassungs-, Kündigungs- und Wechselpreise für breitbandige Endkundenprodukte einschließlich unmittelbar oder mittelbar gewährter Preisnachlässe,

6.2. die abgesetzten Mengen an breitbandigen Endkundenprodukten,

6.3. die Verteilung der breitbandigen Endkundenprodukte auf die angebotenen Bandbreiten,

6.4. die durchschnittliche Verweildauer von Nachfragern breitbandiger Endkundenprodukte,

6.5. die Zusatzkosten für breitbandige Endkundenprodukte (u.a. Marketing, Kundenservice, Entstörung),

6.6. die Verteilung der Übergabeanschlüsse (1G, 10G, 100G),

6.7. Vorlage von Umfang und wertmäßiger Abschätzung der Bündelvorteile, die bei einer Kombination von Festnetz- mit Mobilfunkverträgen gewährt werden, des Umfangs von werthaltigen Zugaben zur Kundengewinnung und von Retentionsmaßnahmen,

6.8. repräsentative aktuelle Messdaten für die von den breitbandigen Endkundenprodukten durchschnittlich genutzten Bandbreiten im Peak im Kernnetz oder, soweit solche Daten nicht erstellt werden können, ersatzweise Angaben, die einen Rückschluss auf die fraglichen Bandbreiten erlauben, und

6.9. der Bundesnetzagentur auf Anforderung die Kostenrechnungs- und Buchungsunterlagen unverzüglich, im Falle einer Anzeige nach § 45 Abs. 1 TKG jedoch spätestens nach drei und ohne Verbindung mit einer solchen Anzeige spätestens nach zehn Arbeitstagen vorzulegen.

7. Die Regulierungsverfügung BK3h-14/114 vom 28.10.2015 wird hinsichtlich aller in Ziffer 1. geregelten Pflichten in Bezug auf den Bitstrom-Zugang durch Überlassung breitbandiger Anschlüsse samt Übergabe des zugehörigen Paketstroms auf Layer 2 widerrufen.

8. Die Verpflichtungen, physisch entbündelten Zugang zur Glasfaser-TAL und den gebündelten Zugang zur hybriden TAL am HVt zu gewähren sowie die darauf gründenden weiteren Verpflichtungen werden widerrufen.

Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

BK1-19-001_Beschluss

Beschluss (PDF / 14 MB)

BK3-19-020_Beschluss

Stand:22.07.2022

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